Berichte über Gewalt gegen Polizei, Feuerwehr und Rettungskräfte erscheinen immer öfter in den Medien. Gleichzeitig häufen sich auch Berichte über unangemessene Polizeigewalt sowie Rassismus und rechte Gesinnung bei der deutschen Polizei, der Bundeswehr und den deutschen Sicherheitsbehörden.
Der Frust von Polizistinnen und Polizisten, die – mittelmäßig bezahlt – in ihrem Beruf großen persönlichen Risiken ausgesetzt sind, ist nachvollziehbar. Aber führt das dazu, dass sie für Rassismus und rechtsextreme Gesinnung empfänglicher sind als der Durchschnitt der Bevölkerung?
Nach dem Vortrag des Journalisten und Autors Christian Jakob zum Thema Rechtsextremismus und Rassismus bei den Sicherheitskräften (Bundeswehr und Polizei) wurde unter anderem diese Frage kontrovers diskutiert.
Zunächst schilderte Christian Jakob ausführlich Beispiele für rechtsextremistische Einstellungen in der Polizei. Alleine im ersten Halbjahr 2020 hat es bei der deutschen Polizei mindestens 40 neue Extremismus-Verdachtsfälle gegeben. Anschließend stellte er die These auf, dass die Häufung der bekannt gewordener Fälle dadurch bedingt sei, dass nach dem Anschlag auf die Synagoge in Halle im Herbst letzten Jahres das Bewusstsein für die Gefahr des Rechtsextremismus in der Gesellschaft gewachsen ist – und folglich ebenso der Druck, gegen Rechtsextremismus auch innerhalb der Polizei zu ermitteln.
Trotz dieser möglichen Erklärung für die Häufung der berichteten Fälle in den letzten Monaten ist es beunruhigend, dass es bewaffnete staatliche Sicherheitskräfte gibt, die nicht hinter dem Grundgesetz stehen, und die nicht akzeptieren, dass die Würde aller Menschen unantastbar ist.
Was kann getan werden? Eine Möglichkeit, die von Amnesty International schon seit den 2000er Jahren gefordert wird, ist die Ermöglichung externer, d. h. polizeiunabhängiger Ermittlungen bei einem Verdacht auf Vergehen durch Polizisten oder Polizistinnen. Bezüglich Rassismus in der Polizei könnte es auch helfen, mehr Polizistinnen und Polizisten mit Migrationshintergrund einzustellen. Letzteres wird z. B. in Berlin versucht, ersteres wird bislang noch von Innenministern und Polizeigewerkschaften kategorisch abgelehnt.
Die spannende Veranstaltung – eine Stunde Vortrag und anschließend noch rund 45 Minuten engagierte Diskussion – wurde von ca. 15 Interessierten besucht. Auch die Aktiven der Amnesty-Gruppe Ratingen haben neue Erkenntnisse zu diesem Thema gewinnen können.
Diese Veranstaltung fand am 01.10.2020 im Rahmen einer Reihe von Veranstaltungen statt, mit denen die Amnesty Gruppe Ratingen ihr fünfzigjähriges Bestehen feiert. (Zur Veranstaltungsankündigung mit Flyer)